Der Welser Tiergarten feiert heuer sein 90-Jahr-Jubiläum. Und das in einer Frische und Nachhaltigkeit, dass sich die Stadt glücklich schätzen kann ein derartiges spezielles Kleinod anbieten zu können.
Die Kosten für die Stadtverwaltung (700.000 Euro jährlich) sind zwar beträchtlich, doch es ist auch ein einmaliges Angebot für die Stadtbevölkerung.
Aus dem 1930 gegründeten „Hirschenpark“ wurde im Laufe der Jahrzehnte mit dem Tiergarten (Stadtpark 1) eine der beliebtesten Freizeiteinrichtungen. Im ältesten Zoo Oberösterreichs gibt es im 90. Jahr seines Bestehens auf knapp drei Hektar Fläche mehr als 90 verschiedene Tierarten zu sehen. Und das ganzjährig täglich bei freiem Eintritt!
Neue Anlagen und Zukunftspläne
Der Masterplan Tiergarten wird auch die Entwicklungslinien vorgeben. Wie bisher werden auch in Zukunft die Haltung von Vögeln, Affen, Schildkröten, heimischen Wildtieren und Nutztieren sowie anderen zugkräftigen Tieren eine zentrale Rolle spielen. Darüber hinaus soll der Tiergarten unter dem Motto „Tiere entdecken und erforschen“ auch in der Wintersaison – und somit ganzjährig – attraktiver werden.
Ein zentrales Projekt bildet hier das geplante Haus der Kobolde beim Buffet: In diesem eingeschossigen Haus sollen die Besucher auf voller Länge zwischen vier Tierbuchten durch spazieren können. Neben Löwenkopf- und Lisztäffchen sowie Rotbauch- und Springtamarinen als Hauptdarsteller sollen darin auch Schildkröten, Agutis, Gürteltiere sowie Arassari und andere exotische Vögel wohnen. Auch Bänke zum Verweilen und Beobachten und ein Versuchskasten für Kinder sind geplant.
Mit der Optimierung bestehender Anlagen werden bisweilen auch neue Tiere nach Wels kommen: Etwa die Rosa-Pelikane, die nun ganz neu am großen Teich zu bewundern sind. Aber auch bereits ansässige Tiere bekommen ein angemesseneres Zuhause: Bei den springfreudigen afrikanischen Guereza-Mantelaffen wird die Außenanlage saniert, die Luchse sollen mittelfristig eine größere Bleibe neben dem Wasserspielplatz am Teich bekommen, aus dem alten Luchsgehege wird dann eine begehbare Flugvolière mit Kuhreihern, Austernfischern, Kampfläufern, Säbelschnäblern und Flamingos und noch vieles andere mehr.
Auch die Frei- und Grünraumentwicklung ist ein wichtiger Bestandteil der weiteren Masterplan-Umsetzung. Vorgesehen sind hier eine weitere Verbesserung der Spielangebote, der Umbau des Baumbestandes auf klimafitte Baumarten und die vermehrte Pflanzung von heimischen Wildblumen und -stauden als Lebensräume für Wildbienen und andere Tiere.
Neun tierische Jahrzehnte
Zum runden Geburtstag hat das seit 2016 von Dr. Gyula Gajdon geleitete Tiergarten-Team mit dem Stadtarchiv eine Festschrift verfasst. Diese ist in Papierform im Tiergarten selbst, in der Dienststelle Bürgeranliegen im Bürgercenter (Rathaus, Stadtplatz 1, Erdgeschoß, Zimmer 7) sowie digital unter www.wels.at/tiergarten erhältlich.
Neben der Gegenwart und einem Blick in die Zukunft ist darin auch die wechselvolle Geschichte des Tiergartens beschrieben. Nachstehend einige Höhepunkte:
1930 wurde im Zuge der Erweiterungen des 1880 angelegten Volksgartens ein „Hirschenpark“ angelegt. Dieser bestand bis 1940 auf einer Fläche von 14.000 Quadratmetern östlich der Transformatorstation bis zum heutigen Welldorado.
1933 errichteten die Vereine der Vogelfreunde und der Kanarienzüchter das erste Vogelhaus am Gelände samt Volière (Freiflugkäfig). Diese Anlage überdauerte den Zweiten Weltkrieg und wurde 1947/1948 von der Stadt übernommen.
1950 war ein Jahr des Neubeginns: Es entstanden eine neue Fasanerie und neue Vogelunterkünfte für asiatische Fasane, Greifvögel, Dohlen, Enten, Gänse, Schwäne und Pfauen. In den folgenden Jahren kamen Affen, Ziegen, Wiesel, Waschbären, ein Meerschweinchen-Dorf und 1956 ein Alpinarium mit Steinböcken dazu.
1961 kam es dann zu einer tierischen Katastrophe: Alle Affen starben. 1962 folgte logischerweise ein weiterer Neubeginn mit zwei Rhesusaffen. In den folgenden Jahren bevölkerten auch Ponys, Esel, Zwergziegen und die überaus beliebten Hängebauchschweine die Anlage.
Heimtiergarten beschlossen
1978 gab der Gemeinderat den Startschuss für eine generelle Erneuerung als „Heimtiergarten“ mit Konzentration auf in Österreich heimische Tierarten und verbesserter Tierhaltung. Eckpfeiler dieser Reform waren 1981 die Eröffnung einer Streichelwiese, 1985 die Errichtung einer neuen Fasanerie und eines neuen Affenhauses mit Freigehege sowie 1987 die Fertigstellung des neuen Wirtschaftsgebäudes.
Nach einer Zeit der Unsicherheit um die Jahrtausendwende trug ab 2002 der Verein „Freunde des Welser Tiergartens“ (Kontakt für interessierte künftige Mitglieder: Obfrau Gabriele Göttlinger, E-Mail: freunde.welser.tiergarten@gmail.com oder Tel. +43 664 128 70 19) maßgeblich zum Weiterbestehen als Gratis-Naherholungsgebiet mit wissenschaftlich geführtem Tiergarten bei.
Bild. Beeindruckend beim Rundgang durch den Tiergarten die Vielfalt und der Naturgenuss in der großzügigen Anlage.
Masterpan der Stadt ab 2007
2007 stellte der Gemeinderat mit dem Masterplan „Die kunterbunte Welt der Tiere“ die im Wesentlichen bis heute gültigen Weichen für den Tiergarten. Dieses konzeptionelle Fundament wurde 2011 und 2018 evaluiert und angepasst. In den vergangenen fast eineinhalb Jahrzehnten gab es für die Gäste unzählige sichtbare Zeichen der konsequenten Umsetzung des Masterplans.
+ Seit 2011 gibt es etwa den Märchenwald mit Volièren-Anlage, Block-Haus und Wald-Spielplatz und das Haus der Primaten samt Baumkronenweg.
+ Seit 2015 vermitteln eine neue Terrasse und ein Beobachtungssteg neue Perspektiven des Tiergartenteiches.
+ Seit 2019 haben die Störche samt Verwandten in der Storchenanlage ein eigenes Platzl. Eine Liveschaltung zu den klappernden Kooperationspartnern in der Storchenstadt Rust im Burgenland gibt es via QR-Code.
+ Jüngste Neuerung ist die Volière für die Riesentukane samt passendem Aufenthaltsort für die Besucher.
Auch die technische Infrastruktur (Sanierung des Schöpfrades, Verlegung des Wirtschaftsplatzes, Adaptierung des Wirtschaftsgebäudes) und die Spielangebote für Kinder (Wasserspielplatz etc.) wurden laufend ausgebaut.
Sehr beliebt ist etwa die seit 2004 von März bis Oktober aufgestellte Hüpfburg samt aufblasbarer Rutsche von Richard und Mathias Mauhart. Leider derzeit wegen covid-Bestimmungen außer Betrieb. Seit 2009 sorgt Betreiberin Marietta Baur im neuen Buffet für das leibliche Wohl der Tiergartengäste.
Allgemeines und Besonderes
+ Seit 2010 ist der Tiergarten Wels vom zuständigen Bundesministerium offiziell als Zoo der Kategorie A anerkannt. Mit dieser Lizenz darf der Tiergarten alle Wirbeltierarten halten und zur Schau stellen. 2013 folgte die Anerkennung als wissenschaftliche Einrichtung.
+ Nur wenige Zoos sind so zentral gelegen wie der Tiergarten Wels: Vom Stadtzentrum ist er in nur sieben Minuten zu Fuß erreichbar und Mitte März bis Mitte Oktober von 7:00 bis 19:45 Uhr sowie Mitte Oktober bis Mitte März von 8:00 bis 16:45 Uhr geöffnet.
+ Der Tiergarten Wels ist einer der letzten Vertreter städtischer Zoos mit freiem Eintritt. Und das mit einem Tierbestand mit derart vielen zoologischen Besonderheiten und Kostbarkeiten.
+ Einer der neuesten Zugänge sind die südamerikanischen Brüllaffen: Sie sind dem Namen entsprechend nicht nur unter allen Primaten, sondern auch im Tiergarten Wels die lautesten Tiere. Mit ihrem Greifschwanz sind sie auch begnadete Kletterer.
+ Das größte Tier in Wels ist der Mandschuren-Kranich mit einer Größe von 1,5 Metern, das kleinste der Laubfrosch mit vier Zentimetern. Das größte Gehege ist mit rund 2.600 Quadratmetern der große Teich, den sich nun eine Kolonie Rosa-Pelikane mit dem bereits vorhanden Bestand an Wasserschildkröten, Grünfüßigen Teichhühnern und Trauerschwänen teilt. Das älteste Tier ist momentan eine Spornschildkröte im Alter von etwa 57 Jahren.
+ Als Ersatz für die verstorbenen letzten Hängebauchschweine wohnen nun neuseeländische Kunekune-Schweine im Tiergarten. Nach einem Namenswettbewerb auf der städtischen Facebook-Seite heißt die „Familie Kunes“ nun Kunebert, Kunegunde und MilaKunes. Bild. Mit der putzigen Kunes-Familie hat auch Bürgermeister Dr. Andreas Rabl als Vorgänger von Silvia Huber als Tiergarten-Referent viel Freude.
+ Ab sofort übernimmt „Wilddings“ unter der Leitung von Stadt-Tierpfleger René Hofer-Hörndler die zoopädagogischen Führungen. Unter www.wels.at/tiergarten gibt es Infos zum Angebot, Buchungen sind per E-Mail unter greifvogelhof-feyregg@gmx.at möglich.
Artenschutz und Forschung
Rund ein Viertel der gehaltenen Tierarten sind artenschützerisch relevant – von den „in Österreich in freier Wildbahn beinahe gefährdeten“ Schwarzstörchen bis zu den „weltweit in freier Wildbahn ausgestorbenen“ Socorrotauben. Eine große Rolle spielt die Teilnahme an Erhaltungs-Zuchtprogrammen, wie etwa beim Habichtskauz, der nun in Österreich in freier Wildbahn nicht mehr als ausgestorben gilt. Ähnliches ist etwa bei den Schwarzstirnwürgern oder den Blauracken angedacht.
Selbstverständlich werden derartige Wiederansiedelungsprojekte grundlegend wissenschaftlich begleitet und sind somit Gegenstand der Forschung. Diese ist auch ein wichtiges Hilfsmittel bei Entscheidungen in Bezug auf die Tierhaltung und für die Wissensvermittlung an die Besucher (zum Beispiel, wie Tiere die Welt sehen).
Aus diesem Grund gab und gibt es immer wieder Studentenarbeiten in Kooperation mit den Universitäten Salzburg, Wien oder anderen Instituten. Die Themen sind hier breit gestreut und reichen von den Problemlösungsfertigkeiten der Affen über die Kommunikation bei Vögeln bis hin zum Bildungseffekt bei den Tiergarten-Besuchern.
Bild. Tiergarten-Referentin Silvia Huber hat mit Dr. Gyula Gajdon einen kompetenten Tiergarten-Leiter, der für Ideen und Umsetzung verantwortlich ist.